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Entscheidungen des BGH zum „Recht auf Vergessen“

12. August 2020

Am 27.7.2020 befasste sich der BGH in gleich zwei Rechtssachen mit dem „Recht auf Vergessen“.

VI ZR 405/18

Dabei ging es der ersten Rechtssache VI ZR 405/18 um die Geltendmachung eines Auslistungsanspruches gestützt auf Art. 17 Abs. 1 DSGVO auf Grund einer potenziellen Persönlichkeitsrechtsverletzung durch das Aufführen eines Presseartikels aus dem Jahr 2011 in der Ergebnisliste.  

Bei einem solchen Anspruch fordern EuGH und Bundesverfassungsgericht einhellig eine umfassende Abwägung aller betroffenen Grundrechte im Einzelfall. Hierbei überwog in der streitigen Rechtssache der Ansicht des BGH nach das Recht auf unternehmerische Freiheit und die Freiheit der Meinungsäußerung dem Schutz der Privatsphäre. 

Der BGH nimmt dabei an, dass die verschiedenen Positionen im Einzelfall gleichrangig abzuwägen sind und insbesondere die Grundrechte des Betroffenen keinen Vorrang genießen. Damit positioniert sich der BGH auf der Linie des Bundesverfassungsgerichts entgegen der EuGH Rechtsprechung in der Rechtssache „Google Spain“. Hier hatte der EuGH angenommen, dass dem Interesse des Betroffenen trotz einer ursprünglich rechtmäßigen Datenverarbeitung ein höheres Gewicht beizumessen ist, als dem Interesse des Verantwortlichen.
Es wird sich die Frage stellen, mit welcher Argumentation von dieser Rechtsprechungslinie abgewichen wird. Das BVerfG wich in seiner Entscheidung 1 BvR 276/17 – „Recht auf Vergessen II“ mit dem Hinweis von der Linie des EuGH ab, dass es sich in dem Verfahren „Google Spain“ um eine behördliche Verlautbarung handelte und damit um eine Sonderkonstellation, aus der kein allgemeiner Gedanke abstrahiert werden kann. 

Ganz gleich welche Begründung der BGH wählt, folgt aus der Gleichrangigkeit, dass der Verantwortliche einer Suchmaschine nicht erst dann tätig werden muss, wenn er von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung des Betroffenen Kenntnis erlangt. Somit werden Suchmaschinenbetreiber stärker als bisher in die Pflicht genommen. 

 

VI ZR 476/18

Das andere Verfahren VI ZR 476/18  setzen die Richter des VI. Senats des BGH aus und legten dem EuGH zwei Fragen zur Vorabentscheidung vor.
In dieser Rechtssache ging es um Verlinkungen auf kritische Berichterstattung zu verschiedenen Anlagemodellen. Dabei erklärte die beklagte Suchmaschine, die Wahrheit der aufgestellten Behauptungen nicht beurteilen zu können. 

Im Vorabentscheidungsverfahren soll nun zunächst geklärt werden, wie mit Konstellation umzugehen ist, bei denen die Wahrheit der Berichterstattung in Fragen steht und wie mit Vorschaubildern umzugehen ist, die in der Trefferliste auftauchen, ohne dass ein Kontext Bezug zu der Website gegeben ist auf der das Original des Bildes veröffentlicht ist. 

 

Moritz C. Heinrich



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